Adam und Evelyn – Der letzte Sommer

Adam und Evelyn – Der letzte Sommer

ADAM UND EVELYN erzählt die Geschichte eines Paares von August bis Winter 1989. Sie beginnt in der ostdeutschen Provinz. Weil Adam Evelyn betrügt, reist Evelyn ohne ihn in den Urlaub nach Ungarn. Adam reist hinterher. Als Ungarn die Grenzen nach Österreich öffnet, will Evelyn über die Grenze.

Adam landet wider Willen im Westen.

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Pressestimmen

Beitrag im MDR-Kultur/Filmmagazin zur Weltpremiere von ADAM UND EVELYN bei den 75. Internationalen Filmfestspiele von Venedig, mit einem Interview mit Andreas Goldstein www.mdr.de/mediathek (Video 4 min)

Wie lebt man in einer Zeitenwende? Andreas Goldstein im Gespräch mit Patrick Wellinski www.deutschlandfunkkultur.de oder als podcast (Audio 8 min)

Katja Nicodemus im NDR über die Internationalen Filmfestspiele von Venedig:

… Es gibt einen wunderschönen deutschen Film: „Adam und Evelyn“. Der läuft hier in der Woche der Kritik von Andreas Goldstein, und er erzählt vom Sommer vor dem Fall der Mauer. Adam und Evelyn wollen nach Ungarn in die Ferien fahren, sie erleben eine kleine Krise, und dann kommen aus dem Radio die Nachrichten, dass die Mauer kurz vor dem Fall steht. Und das wird verquickt mit einer Liebesgeschichte in sommerlichen Bildern: Wir sehen ein Paar, das sich zusammenrauft, auseinandergeht, wieder zusammenrauft. Dieser Film atmet wunderbar, lässt uns Platz für Gedanken, man fühlt sich hier nicht gegängelt oder in eine bestimmte ideologische Gedankenrichtung gedrängt. Man sieht einfach, wie große Geschichte und die Geschichte eines Liebespaares ineinanderfließen und dass sie beide ineinander gezwungen werden.“  www.ndr.de

Anke Leweke im Deutschlandfunk Kultur:

„Richtig gut gefallen hat Leweke hingegen der Film „Adam und Evelyn“ von Andreas Goldstein. Dabei handelt es sich um einen Liebesfilm, der im Sommer 1989, also kurz vor dem Mauerfall, spielt. Dargestellt werde, so Leweke, wie gesellschaftliche Umbrüche auch die Wege der Liebe beeinflussen.
Insgesamt handle es sich hier um einen Sommerfilm mit literarischen Dialogen „ohne Kulissenschieberei. Die Bilder öffnen sich einfach schön, ein Lebensgefühl zwischen Angst und Aufbruch“ werde gezeigt. „So nah bin ich Liebenden in der DDR auf der großen Leinwand selten gekommen“, sagt Anke Leweke.“ www.deutschlandfunkkultur.de

Regisseur Andreas Goldstein im Interview

Worum geht es in „Adam & Evelyn“?

„Adam und Evelyn“ erzählt zwei Geschichten. Zum einen wird die Geschichte eines Paares am Ende der DDR erzählt, das in seine privaten Konflikte verstrickt ist und von historischen Ereignissen überrascht und auch überwältigt wird. Zum Anderen ist es jedoch nicht irgendein Paar. Adam und Evelyn vertreiben sich selbst aus den engen Grenzen ihres Paradieses, um in der Welt oder in der Gegenwart zu landen. Die Behauptung eines Gartens in einer ostdeutschen Provinz als Paradies kann durchaus ernst genommen werden, natürlich in seiner ganzen Vieldeutigkeit.

Auffällig ist das langsame Tempo. Man hat den Eindruck die Figuren hätten ungeheuer viel Zeit.

Der Kapitalismus, sagt Marx, ist der Sieg der Zeit über den Raum. Profit wird mit Zeit gewonnen. Das war dem Sozialismus fremd. Zeit konnte verschwendet werden, weil man sich der Zukunft gewiss war.

Die literarische Vorlage Ihres Films ist der gleichnahmige Roman von Ingo Schulze. Warum dieser Roman?

Der Roman hat eine ungemein filmische Anlage, weil er auf Auslassungen beruht. Das war eine Verführung. Zum anderen gibt es in diesem Roman in den Dialogen Sätze, die aus der Szene und aus der  Zeit fallen. Wegen dieser Sätze wollte ich diesen Film machen.

Nicht wegen der Geschichte des Romans?

Doch. Die Geschichte war mir vertraut und selbstverständlich. Schön an ihr ist vor allem, dass sie das Ende der DDR außerhalb der DDR erzählt. Vertraut war mir auch das Realismusverständnis des Romans. Die Weigerung historische Vorgänge zu psychologisieren oder zu dramatisieren. Der Realismus von „Adam und Evelyn“ steckt im lakonischen Gestus seiner Figuren.

Die politisch-historischen Vorgänge erzählt der Film über Radiomeldungen. Die Figuren agieren davor, wie vor einem Vorhang.

Darum ging es gerade. Die konkrete Erfahrung der Figuren und den historischen Vorgang nicht in eine Dramaturgie zusammen zu zwingen. Dramatisierungen dieser Art sind ja Fiktionen. Mich interessiert das Nebeneinander des historischen Vorgangs und des Erlebens. Dass sich da etwas ereignet, was noch nicht zu begreifen ist und von dem wir erst dreißig Jahre später wissen, was es war.

Was wissen wir heute, was die Figuren noch nicht wissen?

Dass der Westen, in den sie gehen, bald nicht mehr derselbe Westen sein wird. Dass der Abschied von der DDR auch ein Abschied von der alten Bundesrepublik war. Dass der Abschied von der Nachkriegszeit auch ein Abschied von einer Friedenszeit bedeutet. Die Erschütterungen durch den globalen Kapitalismus haben ihren Ursprung in jenem Flügelschlag des Sommers 1989. Offensichtlich hatte die Anwesenheit einer gesellschaftlichen Alternative den Kapitalismus zivilisiert. Das ist jetzt weg.

Findet sich ihre DDR-Erfahrung im Film?

Man kann keine Filme über das Leben der Anderen machen. Das ist ganz unmöglich. Man spricht immer von sich. Meine Erfahrung der DDR ist eine halb ernste, weil ich zwar in der DDR noch studiert, aber nicht garbeitet habe. Das ist die Erfahung des Niedergangs, einer windstillen Zeit, in der sich die Politik schon verabschiedet hatte. Das Warten.

Meine Erfahrung mit der DDR ist aber auch vor allem der Umgang mit ihrer Geschichte nach dem Ende der DDR.

Wie meinen Sie das?

 Alle Filme, die heute entstehen, bilden natürlich nicht die DDR ab, sondern das Bild, dass man sich von ihr macht. Sie haben also vor allem mit der Gegenwart zu tun und sind  auch nur aus der Gegenwart zu verstehen.

In dem Maße, in dem die Krise des Kapitalismus unübersehbar geworden ist, seine Legitimation schwindet, scheint auch die Anstrengung gewachsen zu sein, die Geschichte der DDR als ein Schauermärchen zu erzählen. In den meisten Filmen werden die Konflikte auf den Gegensatz von Freiheitswillen und staatlicher Repression reduziert.  Das Ende der DDR ist hier eine Befreiung. Sie sagen mir, dass ich froh sein soll in dieser Gegenwart angekommen  zu sein.

Das geradezu Unheimliche ist, dass vollkommen verdrängt und vergessen ist, dass die Hoffnung der Leute 1989 nicht die Gesellschaft der Gegenwart war. Evelyn formuliert diese Hoffnung am Ende des Films: Angst vor Krieg braucht auch niemand mehr zu haben. Jetzt können sie das ganze Geld für sinnvolle Sachen verwenden, nicht nur hier, überall auf der Welt. Bald muss man nur noch dreißig Stunden arbeiten, und statt anderthalb Jahre zur Armee zu gehen, machen alle ein Jahr was Nützliches.“

Dass es sich bei dieser Hofffung um eine Illusion handelte, wissen wir heute.

Aber die DDR  war doch eine Diktatur?

Ja. Im doppelten Sinne. Eine „Diktatur des Proletariats“ aus Perspektive der herrschenden Partei und eine kommunistische Diktatur aus Perspektive des Westens. Aber die DDR war unterhalb dieser Begriffe ein Lebens- und Erfahrungssraum der Leute, die dort lebten. Die DDR war t´rotz oder gerade wegen allen Beschwernissen eine widersprüchliche Heimat geworden. Sie bot Identität im Widerspruch. Der Staat selbst wurde nur in der Bundesrepublik in Frage gestellt.

Die heute vorherrschenden Bilder verschütten die wirkliche Geschichte in ihrer ganzen Widersprüchlichkeit. Denn auch wenn der Abschied von der DDR durch die freie Wahl einer Partei und Währung ein selbstbestimmter war, so war es dennoch ein Abschied, der wie jeder Abschied mit Trauer verbunden war, der die Enttäuschung folgte. Trauer und Enttäuschung fristen ein Dasein im Untergrund und erscheinen verstümmelt, diffus in jenem „es war nicht alles schlecht“, in der Verteidigung von Kindergärten und Sportvereinen.

Was eigentlich verloren gegangen ist, ist der Selbstanspruch des Sozialimus, der von den DDR-Bürgern gegen die reale Ordnung ins Feld geführt wurde.

Cast

Evelyn      Anne Kanis

Adam       Florian Teichtmeister

Katja        Lena Lauzemis

Michael    Milian Zerzawy

Simone    Christin Alexandrow

Team

Buch        Andreas Goldstein & Jakobine Motz

Regie       Andreas Goldstein

Kamera    Jakobine Motz

Schnitt     Jakobine Motz

Vertrieb   Pluto Film

Verleih     Neue Visionen